Brillante Optik für wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn: Das LRZ nimmt die erste LED-CAVE in Betrieb

Modernisierung im Zentrum für Virtuelle Realität und Visualisierung (V2C) des Leibniz-Rechenzentrums (LRZ): Zum ersten Mal wurde dabei eine CAVE, eine Installation für die Darstellung von Inhalten in Virtueller Realität, komplett mit LED-Technologie aufgebaut, die jetzt in Betrieb geht.

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Die Kammerkapelle von Schloss Schleißheim darf nicht mehr betreten werden, digital und in Virtueller Realität
kann sie erforscht werden. Foto: A. Podo/LRZ Partner: LMU München & Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland

 

Schärfere Bilder, leuchtendere Farben, höhere Auflösung: Das Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (BAdW) hat die technische Modernisierung seines Zentrums für Virtuelle Realität und Visualisierung (V2C) abgeschlossen und die CAVE Automatic Virtual Environment, kurz: CAVE, komplett mit Leuchtdioden (LED/Light-Emitting Dioden) ausgerüstet. Die Höhle besteht aus 5 LED-Wänden, hat die Form eines offenen Würfels, darin können Forschende regelrecht in Simulationsdarstellungen eintauchen und sich mit allen Sinnen wie in einer eigenen Welt bewegen: „Die LED CAVE ist eine der ersten, wenn nicht sogar die erste ihrer Art überhaupt, die komplett mit LED-Technologie gebaut wurde“, sagt Dr. Thomas Odaker, Leiter des V2C am LRZ. „Sie bietet Forschenden eine höhere Auflösung und deutlich verbesserte Bildqualität, außerdem mehr Zuverlässigkeit und eine einfachere Nutzung als die vorherige Projektor-basierte Anlage.“

Aus virtueller Realität mehr Erkenntnis schöpfen

In vielen Natur- und Lebenswissenschaften, aber auch in Kunst, Architektur oder Archäologie werden Forschungsergebnisse, Modell- und Simulationsdaten schon seit Längerem visualisiert und in Virtueller Realität (VR) dargestellt, um daraus noch mehr Informationen und Erkenntnisse zu schöpfen: „Wachsende Datenmengen bilden nicht nur die Basis für hoch aufgelöste Simulationen, sondern ermöglichen in beinahe allen Wissenschaftsdisziplinen detailgetreue Visualisierungen. In VR können wir die Grundlagen von medizinischen Symptomen, molekularen Prozessen und Naturphänomene oder Technik, Bauwerke, Kunstgegenstände viel umfassender wahrnehmen, begreifen, analysieren“, erklärt Prof. Dieter Kranzlmüller, Leiter des LRZ. „Die neue CAVE verbessert die Darstellung von Forschungsergebnissen und hilft, wissenschaftliche Erkenntnisse zu vertiefen und weiter zu präzisieren.“ In der CAVE können Forschende auch im Team virtuelle Welten untersuchen und sich über ihre Erfahrungen sofort austauschen.

Die LED CAVE des LRZ ersetzt die bisherige Rückprojektions-Technik: Ihre fünf Displays sind zwar jetzt um 30 Zentimeter länger, doch der Platz für die bisherigen Projektoren und Spiegelaufbauten entfällt. Die neue CAVE besteht aus insgesamt 1.620 LED-Panels sowie 225 LED-Rahmen (Cabinets), die sich leichter von Computern ansteuern lassen. Jede Wand bietet eine Auflösung von 2400x2430 Pixeln, deutlich mehr als die bisherigen 1920 x 1920 Pixel. Die höhere Pixeldichte sorgt für schärfere Bilder und mehr Helligkeit, Bewegungen in der CAVE sowie das Zoomen auf Ausschnitte funktionieren nahtlos. Der Aufbau ermöglicht stereoskopische Darstellungen mit bis zu 60 Bildern pro Sekunde für jedes Auge. Kombiniert mit einem optischen Tracking-System der neuesten Generation entsteht darin ein homogener Eindruck mit realistischen Farben und äußerst scharfen Bilddetails. Wer sich beispielsweise durch die Visualisierung einer Simulation zur Erdgeschichte bewegt, die am Lehrstuhl Geo- und Umweltwissenschaften der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) erarbeitet wurde, kann die entstehenden Vorgänge im Erdmantel messerscharf entdecken: „Die Immersion wird durch keine Ruckler oder Brüche gestört, wenn Betrachter:innen sich in der CAVE drehen oder die Perspektive wechseln, um Details näher zu untersuchen“, erklärt Odaker und nennt noch praktische Vorteile: „Die Nutzung der LED CAVE ist deutlich einfacher, auch Komponenten lassen sich leichter auswechseln und warten, die LED-Module können mit wenigen Handgriffen ausgetauscht werden. “

Vergangene Welten digital erstehen lassen

Das modernisierte V2C mit seiner CAVE und neuen Möglichkeiten präsentierte das LRZ kürzlich Wissenschaftler:innen und Studierenden in einem Open Lab mit Science Slams und anhand bereits bekannter Visualisierungen sowie neuen Arbeiten: Die LED-Technik und ihre Brillanz machen Projekte wie den Himmelsglobus aus dem bayerischen, digitalen Kulturschatz Bavarikon zu einem eindrucksvollen räumlichen Spektakel. Den digitalen Zwilling der Sternen- und Himmelskarte aus dem Spätmittelalter übertrugen die LRZ-Spezialist:innen mit Hilfe von 3D-Scans der Bayerischen Staatsbibliothek in VR. Auch die dreidimensionale, digitale Rekonstruktion der Villa des Tempelvorstehers Sîn-Nādā und seiner Frau Nuṭṭuptum aus verschiedenen archäologischen Abbildungen, die in Koordination mit dem Lehrstuhl Vorderasiatische Archäologie der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) entstand, wird in der LED CAVE Raum für Raum „begehbar“ und entführt Betrachter:innen in vorchristliche, altbabylonische Zeiten.

Steckbrief LRZ CAVE

  • 1.620 LED Panels
  • Auflösung: 2400 x 2430 Pixel
  • Pixel Pitch: 1,25 mm
  • Stereoskopische Darstellung mit 120 Bildern pro Sekunde. 60 Bilder/Sekunde pro Auge
  • Optisches Tracking-System von ART mit Kamera ArtTrack6
  • 225 Cabinets/LED-Rahmen
  • ca. 3,25 km Kabel
  • Installation: Kraftwerk Living Technologies, Wels/Österreich

Mehr Impressionen aus der neuen CAVE

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Kunsträume erforschen in der CAVE. A. Podo/LRZ;Partner: LMU München & Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland

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Die barocke Pracht des Kaisersaals in der Residenz zu Bamberg bewundern und erkunden. Foto: A. Podo / LRZ; Partner Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland - Prof. Dr. Stephan Hoppe, illustrated architecture - Bernhard Strackenbroc,Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte –Bayerische Schlösserverwaltung (BSV), Bildarchiv Foto Marburg (DDK), Thomas Scheidt/Christian Stein

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Erdgeschichte und die Entstehung der Kontinente nachvollziehen. Foto. A. Podo / LRZ. Partner: Prof. Dr. Hans-Peter Bunge & Dr. Bernhard Schuberth (beide Geophysik LMU München), Dr. Markus Wiedemann

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Wie lebte die Elite in altbabylonischen Zeiten? Die Rekonstruktion der Villa des
Tempelvorstehers Sîn-Nādā und seiner Frau Nuṭṭuptum zeigt das eindrucksvoll. Foto: A. Podo / LRZ. Partner: Prof. Dr. Adelheid Otto, Dr. Berthold Einwag, LMU