Wissensarbeiter der IT

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Computer-Technik im LRZ: Mit Kubernetes Serverkapazitäten steiern und organisieren

Alles hat seine Zeit: Richtig erfolgreich beim Lernen wurde Johannes Halemba nach der Schule. „Ich war ein mittelmäßiger Schüler, nur Informatik machte mir Spaß“, gesteht der IT-Spezialist. Nach der Mittleren Reife beendet er die Schule und startet am Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) die Ausbildung zum Fachinformatiker Systemintegration. „Da kümmerst du dich um die Installation und den Betrieb von Software, betreust IT-Infrastruktur wie Server, und wenn Funktionalitäten fehlen oder Aufgaben automatisiert werden sollen, programmierst du auch. Diese Vielseitigkeit fand ich toll“, erzählt Johannes. „Das LRZ war eine prima Spielwiese, ich konnte unterschiedlichste Aufgaben und Einsatzbereiche ausprobieren und hab dabei gemerkt, dass Lernen viel Spaß machen kann.“

Johannes Halembas Karriere wird Millionen Eltern lernfauler, trotziger Kinder beruhigen, müsste Unternehmen zu viel mehr Bildungsangeboten animieren und von flexiblen Arbeitszeiten überzeugen. Recruiter oder Personal-Expert:innen könnte sie indes endgültig davon abbringen, in Bewerbungen ausschließlich auf Schulnoten zu achten. Denn nach seiner Lehre wird Johannes zum Wissensarbeiter der IT: Holt erst seinen Fachhochschulabschluss nach. Schreibt sich an der Hochschule München für Wirtschaftsinformatik ein. Legt 2020 seinen Bachelor und zwei Jahre später seinen Master ab: acht Jahre fürs LRZ gearbeitet und dabei noch studiert. „Respekt“, sagt Kollege Winfried Raab, einer der Ausbilder und Leiter der Abteilung Infrastrukturbetrieb, Server und Dienste (ITS) am LRZ: „So ein Bildungsweg erfordert viel Disziplin.“

Überstunden sammeln für Prüfungsphasen

Johannes Halemba selbst ist froh, dass sein akademischer Bildungsweg jetzt ein Ende erreicht hat: „Ich weiß nicht, ob ich den Marathon weiterempfehlen würde“, sagt er mit einem Grinsen. „Du hast wenig Ferien, kaum Wochenenden und das über Jahre hinweg. Aber ich wollte während des Studiums den Praxisbezug nicht verlieren, und nur studieren war auch keine Option.“ Die Fachoberschule in Freising besucht er berufsbegleitend, sein Studium absolviert er als Teilzeitkraft am LRZ. Anfangs mit einer 25-Prozent-Stelle, im letzten Studienjahr arbeitete Johannes 20 Stunden pro Woche. In den Semesterferien aufgehäufte Überstunden kann er in Prüfungsphasen abbauen. Das funktioniert mit Aufgaben, die nicht zeitkritisch sind, mit Flexibilität und Planung im Team. Johannes sprang immer dort ein, wo Unterstützung nötig war. Mit Krafttraining hält er sich fit für Studium und Arbeit, entspannt außerdem beim Lesen. „Ich musste nie Hilfsjobs annehmen, um über die Runden zu kommen“, beschreibt er Vorteile seines Lern- und Studiermarathons. „Ich hatte meine Arbeit, und die hatte viel mit meinem Studium zu tun.“

Das ist so effizient wie pragmatisch geplant. Typisch Johannes Halemba eben. Sich selbst beschreibt der Wirtschaftsinformatiker als analytisch und lösungsorientiert: Geht nicht, gibt’s bei ihm nie. Stattdessen probieren, programmieren, tüfteln, frickeln. „Einen Ist-Zustand bewerten, einen Soll-Zustand erarbeiten und realisieren – das ist doch spannend.“ Freund:innen und Familie fragen ihn um Rat in Sachen Computer, Kolleg:innen mögen seine zupackende, aufmerksame Art: „Es ist seine Offenheit und nicht der Überzeugungswille, mit der Johannes eine gute Atmosphäre in Gesprächen schafft“, sagt Ausbilder und Mentor Raab. „Seine Kompetenzen gehen weit über das nur Fachliche hinaus, mich beeindruckt er vor allem als Mensch. Zu seinen wertvollsten Eigenschaften zählen Aufrichtigkeit und Bodenständigkeit.“

Durch seine Neugier ist der IT-Spezialist außerdem sehr breit aufgestellt: Während der Ausbildung durchlief Johannes fast alle Abteilungen des LRZ. Installierte für die PC-Gruppe Arbeitsplätze und Server. Antwortete am Servicedesk auf Fragen von Anwender:innen. Tauschte für die Abteilung Kommunikationsnetze an Universitäten WLAN-Accesspoints oder Switches aus und erfuhr, was beim Senden und Empfangen einer E-Mail im Rechenzentrum geschieht. Lernte zudem den Umgang mit Linux – „die Möglichkeit, einen Server ohne grafische Oberfläche vollständig über die Kommandozeile zu administrieren, das hat mich fasziniert“. Als Teilzeit-Angestellter installierte er für ITS Server und konfigurierte darauf Programme und virtuelle Maschinen: „Jeden Tag dasselbe machen, ist nicht so meins“, so Johannes. „Ich brauche Herausforderungen.“

Energieeffizienz und Automatisierung

Server und Cloud Computing ziehen sich wie ein roter Faden durch sein Studium. Für die Bachelor-Arbeit geht Johannes der Frage nach, wie Server mit Hilfe von Virtualisierung besser ausgelastet werden können und der Strombedarf im Rechenzentrum sinkt. Um Platz zu sparen oder Hardware besser auszulasten, setzen Unternehmen seit Jahren auf Virtualisierung. Statt Hardware, Server und andere Komponenten real anzuschaffen, werden deren Funktionen digital kopiert und mit Software-Paketen oder -Containern ergänzt. Sie laufen auch am LRZ auf gut 90 Rack-Servern von Hewlett-Packard rund 2500 virtuelle Server, weitere 2000 in der LRZ Compute Cloud, die wiederum auf mehr als 100 Rechenknoten von Lenovo aufbaut. 

Diese Ausstattung macht Johannes zum Forschungsobjekt. Um Optimierungsmöglichkeiten zu veranschaulichen, visualisiert Johannes für die Bachelor-Arbeit die Messwerte aus der Datenwolke, erweitert dazu Skripte oder Befehlslisten und schafft so nebenbei ein Monitoring-System für die LRZ Compute Cloud: „So bekamen wir Einblicke in deren Nutzung, das war auf einmal so da, ohne dass es zuvor ein großes Hallo gegeben hätte“, erzählt Niels Fallenbeck, promovierter Informatiker und bei ITS mitverantwortlich für Cloud-Services. „Ich schätze die Selbständigkeit von Johannes, diese Lass-uns-doch-mal-ausprobieren-Mentalität.“ Ergebnis seiner Bachelor-Arbeit ist wiederum ein Algorithmus, der virtuelle Server auf Computern so einrichtet, dass sie möglichst wenige Rechenknoten beschäftigen und etwaige Ressourcen zum Stromsparen heruntergefahren werden können.

Ums Cloud Computing dreht sich auch die Masterarbeit. Jetzt aber geht es um Effizienz beim Verwalten von Ressourcen. „Wenn ich einen Server einrichtete und dabei gestört wurde, habe ich mich immer gefragt, was ist jetzt eigentlich schon erledigt und was nicht“, umreißt der junge Wirtschaftsinformatiker ein altbekanntes Alltagsproblem. Dieses wächst, wenn erstens viele Ressourcen betreut werden oder, zweitens, Teams zusammenarbeiten. So entwickelt er für die Masterarbeit ein Verwaltungssystem für Server. „GitLab & Kubernetes – Integration einer GitOps Repository-Struktur auf Basis von CI/CD-Pipelines zur Bereitstellung containerisierter Anwendungen“, lautet der Titel, und der ist unbedingt erklärungswürdig: Im Betrieb von mindestens drei Servern – virtuellen wie realen – hat sich die frei verfügbare Software Kubernetes bewährt. Sie bildet so etwas wie eine Datenwolke für Technik, mit ihr lässt sich Hardware außerdem zu Clustern verbinden, sie nimmt Software, Container, Tools und Applikationen auf und verteilt sie eigenständig auf vorhandene Systeme. Und sie dupliziert oder skaliert bei Bedarf Anwendungen und Programme, wenn diese mehrmals im Einsatz oder – aus Sicherheitsgründen – mehrfach vorgehalten werden sollen. Mit dieser Redundanz erhöhen Rechenzentren und IT-Abteilungen Zuverlässigkeit und können bei technischen Problemen und Hardware-Ausfällen den Betrieb von Servern und Software aufrechterhalten.

Für mehr Übersichtlichkeit verbindet Johannes Kubernetes mit GitLab. „Das ist eine Datenbank, mit der sich Entwicklungsteams koordinieren. Sie listet alle Programmierfortschritte einer Software auf und sorgt dafür, dass jede:r im Team mit der jeweils aktuellsten Version arbeiten“, erklärt der junge Wissenschaftler. Dieses Prinzip kann ebenso auf die Administration von IT-Infrastrukturen übertragen werden, in diesem Fall listet die Datenbank technische Komponenten auf. Bei der Verwaltung von Servern macht sie indes sichtbar, wann wer welche Server, Software, Tools gelöscht, ergänzt, aktualisiert hat. In Kombination mit GitLab vereinfacht Kubernetes das Server-Management und stellt sicher, dass Änderungen an der Struktur oder bei den Programmen nach definierten Workflows erfolgen: Das wiederum nennen IT-Spezialist:innen „Continous Integration“ und „Continous Deployment“ oder kurz „CI/CD“: „Servercluster und Applikationen werden nicht mehr manuell konfiguriert, sondern aus GitLab heraus erzeugt, gelöscht und verwaltet, eigene Entwicklungen können ohne größeren Aufwand integriert werden“, fasst Johannes sein System zusammen. „Am Anfang meiner Lehre habe ich noch stundenlang Software manuell auf Server aufgespielt. Jetzt ist alles so weit automatisiert, dass du eigentlich eine Infrastruktur in Code definierst, eine Taste drückst, 'nen Kaffee trinken gehst, und wenn du zurückkommst, ist alles fertig eingerichtet.“

Auszeit für Freiheiten

Mit der Masterarbeit hat Johannes Halemba eine Blaupause für Administration eines Kubernetes-Clusters vorgelegt – und damit die Grundlagen geschaffen für einen neuen LRZ-Dienst. „Kubernetes as a Service“ soll Lehrstühlen und Forschungsorganisationen bald als Tool angeboten werden. „In die Arbeit flossen alle meine LRZ-Erfahrungen ein, das war der Endpunkt und Abschluss meiner IT-Ausbildung“, so der frisch gebackene Master. „Natürlich werde ich noch mehr lernen bei der Arbeit, aber jetzt will ich Freizeit und Reisen nachholen.“ Wie seine Blaupause in den Alltag kommt, wird Johannes aus der Ferne beoachten: „Ich brauch jetzt eine Auszeit von der IT“, meint er. Daher schmiedet der Wissensarbeiter Reisepläne. Kanada ist eines seiner favorisierten Ziele. Im April will er losziehen, für das Sabbatical hat er beim LRZ gekündigt. Rückkehr in die Boltzmannstrasse in Garching? Nicht ausgeschlossen. Das aber wird eine andere Geschichte. „Wenn ich anderen mit meiner Ausbildung einen Weg vorbereitet habe, auf dem sie ähnlich weit kommen können, dann wär‘ das toll“, sagt er noch. Aber jetzt setzt er erstmal sein Lebensmotto in die Tat um: „Bloß nicht stehen bleiben, weiter lernen, Erfahrungen sammeln – neue Wege entstehen beim Gehen.“ (S. Vieser)

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Johannes Halemba: Ausbildung und Studium am LRZ


Noch mehr Persons to Watch und junge Forschende, die Sie kennenlernen sollten:

Pascal Jungbluth, LMU: Informatik und Belschleuniger

Ivana Jovanovic-Buha, TUM: Numerik, Simul,ation und Künstliche Intelligenz

Elisabeth Mayer, LRZ: Informatik und Kunst, virtuelle Realität, Visualisierung

Amir Raoofy, TUM: Informatik, HPC, Future Computing

Mohamad Hayek, LRZ: Informatik, Data Transfer

Sophia Grundner-Culeman, LMU: Informatiuk, Quantencomputing

Bengisu Elis, TUM: Informatik, HPC, Future Computing

Daniëlle Schuman, LMU: Informatik, Quantencomputing