Digitale Daten in der Medizin

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Die Gesundheitsversorgung könnte durch Datenanalyse verbessert werden. Foto: I.Boran/Unsplash

Gesetze anpassen, eine zentrale Struktur zur Datenspeicherung aufbauen, sensible Informationen sichern und schützen: In einem Grundsatzpapier der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (BADW) empfiehlt eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe aus Wissenschaftler:innen, wie Forschung, Ärzt:innen und medizinische Einrichtungen mit persönlichen Daten von Patient:innen umgehen sollen. „Es gilt, einen Ausgleich zwischen dem wertvollen Grundrecht auf Schutz sensibler Daten und dem berechtigten gesellschaftlichen Interesse an medizinischem Fortschritt durch Nutzung dieser Daten zu finden“, fasst Prof. Dr. Dieter Kranzlmüller die Forderungen zusammen. Als Informatiker und Leiter des Leibniz-Rechenzentrums (LRZ) arbeitete er an dem Papier „Nutzung von persönlichen Daten in der Krankenversorgung und medizinischen Forschung“ mit. „Corona hat gezeigt – unzureichende Strukturen zur Datenerhebung und die aktuelle Gesetzgebung erschwerten in Deutschland ein effizientes Pandemie-Management.“

Zwölf Wissenschaftler:innen aus allen relevanten Gesellschaftsbereichen – neben Informatik Medizin, Recht und Wirtschaft – analysieren für die Studie den aktuellen Status Quo der Digitalisierung im Gesundheitswesen, beschreiben Hürden und Chancen etwa der Nutzung von Gesundheitsdaten in Bayern und Deutschland. Hintergrund ist das stete Wachstum anonymisierter, digitaler Daten aus Diagnostik und Therapien, aus medizinischen Studien, Umfragen, auch in Datenbanken von Kostenträgern und medizinischen Einrichtungen. Deren Auswertung böte ein unschätzbares Potenzial für die Entwicklung neuer Technologien oder Behandlungsmethoden, außerdem zur Optimierung der Gesundheitsversorgung. Doch diese scheitert, so die Autor:innen, an der heterogenen Infrastruktur bei der Aufnahme, Anonymisierung und Speicherung der Daten sowie an der Gesetzeslage. Beides verhindere eine Verknüpfung von Informationen mit Daten aus öffentlichen Quellen, die so genannte Linkage, und behindere die Forschung. Die Gruppe fordert daher
• den Aufbau zentraler Strukturen für die Speicherung und Auswertung von Daten,
• eine Anpassung geltender Gesetze in Deutschland und Bayern,
• ein eigenes Gesetz zur Datennutzung, das im Einklang mit deutschem und europäischen Recht steht.
• Außerdem schlägt sie eine Neufassung von Artikel 27 des Bayerischen Krankenhausgesetzes vor, die eine Verarbeitung von anonymisierten Personendaten ermöglichen und vereinfachen würde.

In das BADW-Positionspapier flossen auch Erfahrungen aus dem Forschungsprojekt DigiMed Bayern ein, an dem das LRZ beteiligt ist. Zusammen mit Universitäten, Gesundheits- und Forschungseinrichtungen entwickelt das akademische Rechenzentrum seit 2018 nicht nur technische Voraussetzungen und Standards zur Speicherung von Gesundheitsdaten, sondern arbeitet auch an einem Regelwerk für die wissenschaftliche Nutzung mit. „Erste Studienergebnisse, etwa zu Schlaganfall, Stoffwechselstörungen oder Langzeitfolgen von COVID-19 verweisen auf die Relevanz standardisierter, anonymisierter Gesundheitsdaten und komfortabler Zugangsmöglichkeiten“, sagt Kranzlmüller. „Mit Hilfe von Daten und neuen Auswertungstechnologien kann die Medizin präziser und individueller, vorhersehbarer werden – das hilft allen Beteiligten und auch dem Gesundheitssystem.“