Rede von Prof. Dr. Karl-Heinz Hoffmann

In unserer technologisch geprägten Welt gibt es Erfindungen und Entwicklungen, die in einem eng umgrenzten Gebiet für einen kurzen Zeitraum Bedeutung haben, und es gibt Innovationen, die unser Leben in fast allen Bereichen über einen langen Zeitraum ent- scheidend beeinflussen. Die eben vorgestellte Kommunikationstechnik mit ihren schnellen Netzen gehört zur letztgenannten Kategorie. Sie ist die technische Grundlage für den von vielen prophezeiten Wandel unserer Kultur von einer Industriegesellschaft in eine Informationsgesellschaft.

Weniger spektakulär, aber auf längere Sicht ähnlich bedeutsam, wird sich die Hochleistungsrechentechnik auswirken. Sie ist die technische Grundlage für die sogenannte Numerische Simulation, neben der Theorie und dem Experiment die dritte Säule, auf der technische und wissenschaftliche Erkenntnisse ruhen.

Daß wir das Wetter jetzt mit hoher Sicherheit vorhersagen und damit die Flugzeuge und Schiffe ihre Routen entsprechend angepaßt wählen können, verdanken wir dieser Technologie der Rechnersimulation, ebenso wie die Entwicklung neuer Werkstoffe, die Halbleitertechnologie, die Medizintechnik bis zu Eingriffen in der Kiefer- und Gesichtschirurgie - wir werden nachher ein Beispiel sehen.

Wir sind froh, daß die bayerische Staatsregierung die Rechnerausstattung und die dazugehörige Rechentechnik bisher schon gefördert hat und heute wiederum sichtbar entschlossen fördert. Über Jahrzehnte war der Höchstleistungsrechner hier am LRZ stets einer der leistungsfähigsten in ganz Europa. Der heute neu eingeweihte Rechner gehört auch weltweit unter die 40 Ieistungsfähigsten und steht an 10. Stelle unter den Vektorparallelrechnern.

Aber nicht nur in der Bereitstellung von Hardware, sondern auch in der Bündelung der wissenschaftlichen Anstrengungen zur Nutzung dieser Technik, hat Bayern Vorbildliches geleistet. In den Hochschulen und den Forschungsverbünden wird das Fachgebiet "Numerische Simulation" intensiv gefördert. Einer der Forschungsverbünde, der Forschungsverbund für technisch- wissenschaftliches Hoch leistungsrechnen FORTWIHR, bereits vor 6 Jahren gegründet, hat seine Zielsetzung in der Nutzung dieser Technologie für technisch - wissenschaftliche Anwendungen vor allem im industriellen Umfeld. Dies hat dazu geführt, daß Bayern in der Umsetzung von Computersimulationstechnik unter den Bundesländern und auch im Vergleich zum europäischen Ausland eine Spitzenstellung erlangt hat. Das ist auch erkennbar an der Tatsache, daß der zuletzt in Stuttgart installierte Höchstleistungs- rechner der Firma SGI, der bundesweit über ein Begutachtungsverfahren genutzt werden kann, etwa zur Hälfte von bayerischen Nutzern belegt wird. Baden-Württemberg und alle anderen Bundesländer zusammen verbrauchen also nicht mehr Rechenzeit auf dem Stuttgarter Rechner als Bayern allein und dies trotz der weit überdurchschnittlichen bayerischen Ausstattung mit Rechenkapazität.

Wir sind überzeugt, daß das Know How im Einsatz von Hochleistungsrechentechnik ein wesentlicher Faktor für den industriellen Standortvorteil Bayerns ist und langfristig sein wird. Die hier ausgebildeten Fachleute auf diesem Gebiet haben sich um einen Arbeitsplatz nie Sorgen machen müssen, im Gegenteil, eine weit größere Zahl von Absolventen mit entsprechenden Fachkenntnissen könnte heute in der Wirtschaft Beschäftigung finden. Sogar die Schaffung neuer zusätzlicher hochwertiger Arbeitsplätze ist zu erwarten.

Wir denken deshalb, daß es eine zukunftsweisende und richtige Entscheidung war, daß Bayern 60 Millionen DM aus Privatisierungserlösen für die Beschaffung eines Bundeshöchstleistungs- rechners bereitgestellt hat. Über die Förderung durch das Hoch- schulbauförderungsgesetz wird noch in diesem Jahr vom Wissenschaftsrat und von der DFG entschieden. Hier - das sei als Bitte an den Bundesforschungsminister gerichtet - sind wir auf die Unterstützung durch den Bund angewiesen. Eine rasche positive Entscheidung würde weit über Bayern hinaus signalisieren, daß wir uns der Herausforderung der USA und Japans in diesem innovativen Gebiet stellen.

Die Vereinigten Staaten und Japan sind die beiden Länder, die bereits bisher die größten Summen zur Entwicklung und Produktion von Höchstleistungsrechnern investieren. Die Tatsache, daß die benötigten Rechner in Deutschland nicht hergestellt werden, ist für weitere Initiativen längst kein Hindernis mehr. Die wesentliche Wertschöpfung liegt im Bereich der Software und hier hat Deutschland die Chance, an der Spitze mitzuhalten. Ministerpräsident Stoiber hat kürzlich angekündigt, daß Bayern gerade die Software-Entwicklung mit hohem finanziellen Aufwand weiter stärken wird.

Wir blicken deshalb mit Zuversicht in die kommenden Jahre und wünschen den Forschern, die die heute einzuweihenden Geräte nutzen werden, viel Erfolg.