Rede von Prof. Dr. Heinz-Gerd Hegering

Begrüßungsansprache von Univ.-Prof. Dr. Heinz-Gerd Hegering, Leiter des Leibniz-Rechenzentrums

Sehr geehrter Herr Minister Dr. Rüttgers,
sehr geehrter Herr Minister Prof. Faltlhauser,
sehr geehrte Gäste,
sehr geehrte Vertreter der Presse,
sehr geehrte Repräsentanten der Lieferfirmen der heute hier einzuweihenden Systeme und Komponenten, der Firmen SNI und Siemens bzw. DeTeSystem, Telekom sowie Ascend, Fore und Pirelli.

Nach der Begrüßung durch den Präsidenten der Bayerischen Akademie der Wissenschaften möchte auch ich als Hausherr Ihnen ein herzliches Willkommen entbieten. Wir haben uns hier heute nicht in einem Festsaal versammelt, sondern mitten in der Werkstatt des Leibniz-Rechenzentrums. Nicht Blumen und Musik verschönen diese Feier, sondern das Rauschen der Gigabits und Gigaflops und die Sicht auf konkrete Systeme.
Offen gestanden, wir hätten auch gar keinen anderen Raum, um alle Gäste aufzunehmen. Wir freuen uns über Ihr zahlreiches Erscheinen und danken für das rege Interesse. Der sonst freie Platz, auf dem Sie jetzt sitzen, ist genau der, der als Standpunkt für den geplanten und beantragten Bundeshöchstleistungsrechner vorgesehen ist.

Das Leibniz-Rechenzentrum hat drei Aufgaben. Es ist

  • Wissenschaftliches Rechenzentrum für die Hochschulen in München und für die Akademie;
  • Landesweites Zentrum für technisch-wissenschaftliches Hochleistungsrechnen ("Supercomputing Center");
  • Kompetenzzentrum für Datenkommunikationsnetze, in guter Zusammenarbeit mit dem ebenfalls als Kompetenzzentrum tätigen Rechenzentrum Erlangen.

Ich begrüße an dieser Stelle recht herzlich die Partner in Erlangen, die über eine Videokonferenzschaltung hier teilnehmen.

Seit knapp 10 Jahren betreibt das LRZ für alle bayerischen Universitäten die Landeshochleistungsrechner. Das bayerische Konzept, zentral Hochleistungsrechner und dezentral dazu kompatible kleinere Entwicklungsrechner zu betreiben, hat sich bewährt und ist von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Wissenschaftsrat anerkannt. Technisch-wissenschaftliches Hochleistungsrechnen gewinnt eine immer größere Bedeutung. Darauf wird sicherlich heute noch mehrmals eingegangen. Das LRZ betreibt nicht nur die Superrechner (das heute einzuweihende System SNI/Fujitsu VPP 700-52, IBM SP2, CRAY T94), sondern es unterstützt auch bei der Umsetzung der adäquaten Algorithmen auf die vorhandnenen Rechnerarchitekturen. Dies tut es in enger Zusammenarbeit mit anderen Zentren und Forschungsgruppen.
Eingebettet in ein landesweit verteiltes Kompetenzzentrum entsteht hier auf diese Weise das Knowhow und der Bedarf für ein bundesweites Höchstleistungsrechensystem, für das der Freistaat Bayern dankenswerterweise schon Mittel reserviert hat und dessen Konzept den entsprechenden Gremien bereits vorliegt.
Das LRZ hat auch die zentrale Bedeutung von Netzen frühzeitig erkannt und sich zu einem bundesweiten Knowhow-Träger auf diesem Gebiet entwickelt. Am LRZ wurden neueste Kommunikationstechnologien erstmals in Deutschland pilotiert. Diese Pilotanwendungen wurden meist in Zusammenarbeit mit dem Verein Deutsches Forschungsnetz und dem Rechenzentrum in Erlangen, aber auch mit der Telekom und industriellen Partnern durchgeführt. Insofern ist es nicht ganz zufällig, daß hier im Haus schnelle Rechner und schnelle Netze aufeinandertreffen. Schnelle Rechner bedingen schnelle Netze und umgekehrt. Nur die ausgewogene Balanciertheit beider Systeme gestattet die Synergien, die Voraussetzung sind für eine Forschung, die mit der internationalen Entwicklung Schritt halten soll. Und daß wir hier Nachholbedarf haben, ist mir anläßlich eines USA-Aufenthaltes in den letzten 2 Wochen wieder bewußt geworden.

Es ist sicher schwierig, die Bedeutung dessen einzuschätzen, was heute hier eingeweiht werden soll, weil die Maßstäbe fehlen, wie sich ein heutiger Hochleistungsrechner zu den Rechnern verhält, die heute jeder Schüler zu Hause stehen hat. Oft werde ich gefragt, welchen Sinn es heute noch hat, Hochleistungsrechner für Millionen DM zu beschaffen, wo es doch schon so leistungsstarke PCs gibt. Nun, jeder von uns hat eine Badewanne zu Hause. Trotzdem gehen wir gerne einmal in ein Schwimmbad. So wie ein Schwimmbad eine grundlegend andere Qualität als unsere eigene Badewanne hat, so hat ein Hochleistungsrechner eine andere Qualität als ein PC.

Wenn ich einmal einen sehr gut ausgebauten heutigen High-End PC als Beispiel hernehmen darf, mit einem 400 MHz Pentium II und einem Hauptspeicher von 64 MB, so leistet nach unseren Messungen der heute hier einzuweihende Rechner VPP700 mehr als 1.000 solcher PCs und besitzt mehr als 1.600 mal so viel Hauptspeicher! Das ist ungefähr das Verhältnis zwischen einer Badewanne und einem mittelgroßen Schwimmbad.

Wenn der Herr Präsident soeben auf die Notwendigkeit eines noch schnelleren Rechners hinwies, so entspricht das der Forderung, in Bayern nicht nur ein Schulschwimmbecken sondern auch ein Olympiaschwimmbecken zu bauen, in dem man nicht nur Regionalwettkämpfe austragen, sondern auch Weltklasse-Programme entwickeln und laufen lassen kann.

Bei den schnellen Netzen ist der Unterschied noch eklatanter: schnelle Verbindungen vom häuslichen PC ans Internet werden heute über ISDN-Leitungen geschaltet. Jede der drei heute hier einzuweihenden Leitungen hat die Kapazität von rund 40.000 (!) parallelen und aktiven ISDN-Sprachkanälen! Alle 3 Leitungen zusammen entsprechen fast 120.000 gleichzeitig aktiven, gemeinsam nutzbaren ISDN-Kanälen. Aber für was brauchen wir denn diese enorme Kapazität?

Wir benötigen sie, weil Rechner und Datenaustausch in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen müssen! Allein um den erwähnten großen Hauptspeicher des VPP-Rechners über eine der neuen Leitungen auszulesen, würde man 139 Sekunden (d.h. 2 Minuten, 19 Sek) benötigen. Solche Aktionen werden bei der geplanten Zusammenschaltung der Hochleistungsrechner in Deutschland immer wieder notwendig. Aber 2 Minuten sind für einen solchen Rechner schon eine Ewigkeit. Man wird sich daher auch hier noch um eine möglichst effiziente Nutzung der Gigabit-Leitungen bemühen müssen, deren im ersten Augenblick riesig erscheinende Kapazität beim zweiten Hinsehen als absolut notwendig erscheint.

Dabei sei darauf hingewiesen, daß einige der auf der VPP geplanten Simulationen weit über 1.000 Gbyte (1 Terabyte) an Ergebnisdaten erzeugen und daß das LRZ schon jetzt Hunderte Millionen von Dateien mit vielen, vielen Terabyte an Daten aufbewahren muß, von denen jeden Monat Terabytes mit anderen Rechnern in aller Welt ausgetauscht werden. Aus gutem Grund entstammt das World Wide Web, der heutige Inbegriff des Internets, aus der wissenschaftlichen Umgebung des Cern, dem Europäischen Beschleuniger und Kernforschungslabor.

Bevor die Veranstaltung nun weiter ihren Lauf nimmt, möchte ich noch Dank sagen: den Rednern des heutigen Tages, denjenigen, die über ihre Projekte berichten, dem DFN-Verein, den Firmen SNI und Siemens, und den LRZ-Mitarbeitern, die sich für die Vorbereitung dieser Veranstaltung engagiert haben.

Ich darf jetzt unsere Erlanger Freunde, mit denen wir im Augenblick noch über das B-WiN verbunden sind, um ein kurzes Grußwort bitten. Es spricht Prof. Dr. Herzog, der Sprecher des Leitungsgremiums des RRZE.

Leibniz-Rechenzentrum der Bayerischen Akademie der Wissenschaften