

Auf dem Weg zum Quantencomputing haben Durganshu Mishra, Masterstudent am Lehrstuhl für Rechnerarchitektur und Parallele Systeme sowie Kollegen der Technischen Universität München (TUM) zusammen mit Spezialisten des Leibniz-Rechenzentrums (LRZ) einen Meilenstein erreicht: Die Gruppe hat sys-sage, eine nützliche Bibliothek im High-Performance Computing (HPC), für das Zusammenspiel mit Quantencomputern (QC) erweitert. “Towards a Unified Architectural Representation in HPCQC: Extending sys-sage for Quantum Technologies” heißt ihr viel beachtetes Paper, für das die Forschungsgruppe im Juni während der ISC25 in Hamburg mit dem renommierten Hans Meuer-Award ausgezeichnet wurde. Die Juroren lobten, das neue sys-sage liefere notwendige Informationen für Compiler, Scheduler und Circuit Mapper und erleichtere die Integration von Quantensystemen in Supercomputer. „Das ist ein Riesen-Erfolg, wir freuen uns mit den TUM-Kollegen“, sagen Dr.-Ing Jorge Echavarria, Leiter des Teams Quantenintegration Software, Dr. Xialong Deng und Burak Mete aus dem LRZ-Team für Quantencomputer und -Technologien (QCT). „Der Preis ist nicht nur eine Anerkennung für unsere Bemühungen, sondern hilft uns, den Munich Quantum Software Stack auf europäischer Ebene zu verbreiten." Das Team hofft darauf, dass der offene und frei verfügbare Software Stack möglichst von vielen Anwenderinnen eingesetzt und weiter optimiert und vielleicht sogar zum Standard wird.
sys-sage ist Teil eines HPC-Software Stacks. Die Bibliothek verarbeitet Daten aus Supercomputern – etwa zu Prozessoren und deren Leistung, zum Datentransfer zwischen den Rechenknoten und viele weitere Informationen, mit denen diese Anlagen gesteuert oder Codes und Algorithmen verbessert werden können. Das Tool liefert statische und dynamische Daten rund um die Architektur und Funktionen eines HPC-Systems. Doch diese werden zunehmend heterogen aufgebaut. Neben Graphics Processing Units (GPU) und anderen Beschleunigern kommen darin auch Quantencomputer zum Einsatz: Sie sollen spezielle Berechnungen beschleunigen und weitere Methoden zur Datenverarbeitung beisteuern.
Allerdings: Quantencomputer arbeiten anders als klassische Rechner, sie nutzen quantenmechanische Grundlagen zur Berechnung, etwa die Eigenschaft von Quantenbits (Qubits), sich mit anderen zu verschränken oder die Superposition einzunehmen. So sollen sie bestimmte rechenintensive, aber wichtige Probleme aus Chemie, Mathematik oder Kryptographie lösen können. Außerdem gibt es unterschiedliche Quantentechnologien, etwa auf Basis supraleitender Schaltkreise, Ionenfallen, neutraler Atome oder auf Basis von Photonen. Für sie fehlen noch Kontroll- und Steuerungsmechanismen – ein weiterer Grund, sie in Supercomputer zu integrieren und darüber zu steuern.
Deshalb erweiterte das Team sys-sage durch neue Datenpfade und Relationen um Quantencomputer und verschiedenen Quantentechnologien, die Besonderheiten wie Verschränkungen und andere Funktionalitäten bewerten. Mit Hilfe der so erweiterten Bibliothek kann beispielsweise die Qualität der Qubits und der Quantengatter herausgefiltert werden, um l fürs Rechnen nur jene Verbindungen anzusprechen, die genau und weitgehend ohne Rauschen funktionieren. „Supraleitende Qubits, solche aus Ionenfallen oder aus neutralen Atomen haben spezifische Einschränkungen und Eigenschaften. sys-sage charakterisiert diese so, dass wir sie zum Rechnen nutzen und sogar ihre praktische Genauigkeit verbessern können“, erläutert Burak Mete, Spezialist für Algorithmen, der bereits einen Compiler für integrierte Super- und Quantencomputer entwickelt hat. „sys-sage ist ein Modul, das Eigenschaften von Qubits analysiert, Quantenalgorithmen für Quanten-Backends optimiert oder die Genauigkeit der Berechnungen im Allgemeinen.“
Das Team arbeitet schon länger zusammen, ergänzt sich in Stärken, Erfahrungen und Wissen und teilte dementsprechend seine Aufgaben am Munich Software Stack (MQSS) unter einander auf. Während Burak Mete sich unter anderem um Metriken zur Qualifizierung von Qubits kümmerte, unterstützte Jorge Echavarria das Team beim Arbeiten in der Testumgebung und brachte Xialong Deng seine Erkenntnisse über neutrale Atome ein. Wie Compiler, die Übersetzer von Programmier- in Maschinensprache, oder Scheduler, mit denen Rechenaufträge geplant werden können, ist das erweiterte sys-sage Teil des MQSS, der im Rahmen des Forschungsprojektes Q-DESSI im Munich Quantum Valley und damit an der TUM, am LRZ und bei weiteren Institutionen und Partnern entwickelt wird. „Er befindet sich zwar immer noch in einem experimentellen Stadium“, berichtet Jorge Echavarria, „aber hat sich bereits als einer der effizientesten Stacks weltweit positioniert. Seine Fähigkeiten zeigten sich, als wir zum ersten Mal in Deutschland einen Supercomputer mit einem Quantensystem von IQM mit 20-Qubits auf Basis von supraleitenden Schaltkreisen verbunden haben.“
Da am LRZ inzwischen auch ein Quantencomputer mit einer Ionenfalle von AQT arbeitet und ein System auf Basis neutraler Atome von planqc angekündigt ist, kommt dem MQSS und vor allem der neuen sys-sage-Bibliothek besondere Bedeutung zu. In Pilotphasen werden der integrierte HPC-QC-Computer sowie die anderen Quantentechnologien ersten Anwenderinnen bereits zur Verfügung gestellt. Sie testen, vergleichen und analysieren diese Systeme, empfehlen Verbesserungen oder coden erste Software. „Der ausgereifteste Teil des MQSS ist sicher die Schnittstelle zur Verwaltung von Quanten-Hardware“, sagt Jorge Echavarria und verweist auf das Qantum Device Management Interface (QDMI), ein Kernstück des MQSS zur Integration unterschiedlichster Quantentechnologien. „Wir bitten die ersten User um Feedback, sie können uns wissen lassen, was für ein solches System benötigt werden könnte.“ Auf diese Art werden Hard- und Software schrittweise verbessert und praktischer für ihren Einsatz in der Wissenschaft. Doch das Team hat noch mehr vor: „Der MQSS ist mit jeder Quantenhardware verbunden, die wir am LRZ haben“, sagt Burak Mete. „Es handelt sich um einen kompletten Software Stack, den wir schon verwenden, aber wir wollen ihn so weiterentwickeln, dass jedes HPC-Zentrum ihn implementieren und einsetzen kann.“ (vs | LRZ)
Bildnachweis: © ISC High Performance | Philipp Loeper