Rede von Staatsminister Prof. Dr. Kurt Faltlhauser

Es gilt das gesprochene Wort

Stichworte zu einer Rede des Leiters der Bayerischen Staatskanzlei Prof. Dr. Kurt Faltlhauser anläßlich der Inbetriebnahme der Gigabit-Teststrecke zwischen München und Nürnberg-Erlangen am 13.08.1998 im Leibniz-Rechenzentrum München

1. Einleitung

  • Grüße von Herrn Ministerpräsidenten Dr. Stoiber, den ich heute vertrete. Er bittet Sie um Verständnis, daß er diesen Termin wegen eines Trauerfalles nicht wahrnehmen kann.
  • Begrüßung des Bundesforschungsministers Rüttgers:
    Sie können sich mit eigenen Augen vom hohen Niveau des Telekommunikationsstandortes Bayern überzeugen!
  • Zwei bedeutende Projekte der Telekommunikation bieten heute Anlaß zum Feiern: Der neue Hochleistungsrechner des Leibniz-Rechenzentrums und das Gigabit - Testbed Süd!

2. Bedeutung des Gigabit-Testbed-Süd

Das Gigabit-Testbed-Süd ist ein wichtiger Meilenstein auf unserem Weg in eine Informations- und Wissensgesellschaft.

Bayern verfügt über eine exzellente Kommunikationsinfrastruktur. Um schnellstmöglich ein leistungsfähiges bayernweites Kommunikationsnetz zu schaffen, wurden als Kernprojekte alle 25 bayerischen Hochschulstandorte mit Hochgeschwindigkeitsleitungen verbunden.

Dieses Netz steht seit Frühjahr 1996. Ende des vergangenen Jahres stieg das übertragene Datenvolumen um das 13-fache, die Auslastung erreicht inzwischen bis zu 70%.

Nun sind wir auf diesem Weg ein weiteres Stück vorangekommen: Das Gigabit-Testbed München-Erlangen steht! Damit sind die leistungsfähigsten Rechner in Bayern über ein extrem schnelles Netzwerk miteinander verbunden.

Schon Ende diesen Jahres wird die Hochleistungsdatenstrecke nach Berlin verlängert. Mit dem Testnetz Erlangen-München-Berlin tritt dann eine Hochgeschwindigkeitsdatenstrecke in die Testphase, die einen großen Schritt bei der Entwicklung der Gigabit-Technik bedeutet. Bis zum Jahr 2000 soll in weiteren Schritten das Gigabit-Netz bundesweit ausgebaut werden. Schon heute können wir den Beweis antreten: der Startschuß kommt aus Bayern!

Unser ausgezeichnetes kommunikationswissenschaftliches Potential in und um München, in Nürnberg und Erlangen hat Überzeugungskraft! Der DFN-Verein, der das deutsche Forschungsnetz betreibt, und das Bundesforschungsministerium haben Bayern als Startbasis der Gigabit-Teststrecke gewählt. Darauf sind wir mit Recht stolz!

Mit dieser Datenstrecke ist Bayern auf der Datenautobahn ganz vorn. Das neue optische Übertragungsverfahren ermöglicht einen Datendurchsatz von bis zu 48fach höherer Geschwindigkeit als mit den herkömmlichen Methoden. Wir verfügen damit über eine der fortschrittlichsten Netztechnologien, die derzeit zur Verfügung stehen.

3D-Bildrekonstruktionen, echtzeitfähige Datenkommunikation und innovative Verfahren zur Digitalen Filmproduktion eröffnen neue Dimensionen in Forschung, Wissenschaft und in den Medien. Mit dem Gigabit-Testbed Süd hat Bayern ein wichtiges Etappenziel auf dem Weg in die moderne Wissenschafts- und Kommunikationsgesellschaft erreicht.

3. Hochleistungsrechnen als Schlüsseltechnik der Informationstechnologie

Das Hochleistungsrechnen gehört zu den Schlüsseltechniken der Informationstechnologie. In der Genom-Anlayse, in der Strömungsmechanik oder bei der Klimaanalyse - um nur einige Bereiche herauszugreifen - sind wir auf diese Super-Computer angewiesen. Dies gilt über die rein wissenschaftliche Anwendung hinaus. Auch viele Industriezweige, wie etwa die Raumfahrt und die Automobilbranche, brauchen Höchstleistungsrechner, damit sie im internationalen Wettbewerb bestehen können.

Die Bayerische Staatsregierung hat eine Software-Initiative gestartet, u.a. mit der Gründung einer Forschungseinrichtung, dem Aufbau der Software-Struktur an Hochschulen und Fachhochschulen. Damit wollen wir Bayern als führenden Standort für Entwicklung, Beratung und Vertrieb von Software etablieren.

Im Rahmen der Software-Initiative baut der Freistaat ein Netzwerk aus Unternehmen und Forschungseinrichtungen zur Nutzung des Hochleistungsrechners am Leibniz-Rechenzentrum auf.

Wir in Bayern wollen den Fortschritt: Der heute einzuweihende Super-Computer kostet 20 Mio. DM. Gerne finanzieren wir deshalb unseren Anteil von 10 Mio. DM aus dem Haushalt und freuen uns, daß auch der Bund seinen Beitrag in Höhe von 10 Mio. DM leisten wird.

4. Standortvorteile Bayerns beim Wettbewerb um das nationale Zentrum für Höchstleistungsrechner

4.1 Ausstattung des Leibniz-Rechenzentrums

Das Leibniz-Rechenzentrum hat sich für den Ausbau zu einem nationalen Zentrum für Höchstleistungsrechnen beworben. Es tritt damit in Konkurrenz zu Norddeutschland. Noch ist nichts entschieden. Aber die Voraussetzungen am Leibniz-Rechenzentrum sind schon jetzt äußerst günstig:

  • Eine vorbildliche Ausstattung mit Hochleistungskapazitäten und mit dazu kompatiblen Vor- und Nachbereitungsrechnern an den großen Universitäten, die es so nur in Bayern gibt;
  • Breite Zugangswege zum Deutschen Forschungsnetz,
  • und nicht zuletzt das Gigabit-Testnetz, das heute seinen Betrieb aufnimmt.

Auch die Bayerische Staatsregierung hat für Wettbewerbsvorteile gesorgt:

Mit den Mitteln aus der "Offensive Zukunft Bayern" können wir uns auch ein so hochkarätiges Telekommunikationsprojekt leisten wie den Höchstleistungsrechner. Für den Super-Computer am Leibniz-Rechenzentrum stehen 60 Mio. DM bereit. Wenn die Beteiligung des Bundes gesichert ist, kann das Projekt innerhalb kürzester Zeit realisiert werden. Wir in Bayern müssen dieses Projekt nicht auf die lange Bank schieben.

4.2 Bayern als Wissenschafts- und Forschungsstandort

Der Wandel Bayerns vom Agrarstaat zum High-Tech-Standort ist gelungen. Schon bald hat der Freistaat erkannt: Die Zukunft unseres Landes liegt in der Forschung, in Innovationen und in neuen Technologien. Daher sind die Ausgaben für Bildung, Wissenschaft und Forschung in Bayern sehr hoch. Mit einem Anteil der Forschungsausgaben von 3,0% des Bruttoinlandsprodukts liegt Bayern an der Weltspitze.

Die "Offensive Zukunft Bayern" hat hierbei einen wesentlichen Impuls gegeben. Die Staatsregierung hat damit ein in Deutschland einzigartiges Innovationsprogramm aufgelegt. Privatisierungserlöse von rund 5,5 Mrd. DM geben Bayern einen Schub ins nächste Jahrtausend. Über 3 Mrd. DM können wir damit zusätzlich in Bildung und Forschung investieren. 1,51 Mrd. DM investieren wir dabei in den Ausbau unserer Universitäten und Fachhochschulen.

4.3 Bayerns Führungsrolle in der Informations- und Kommunikationstechnologie

Die Staatsregierung hat frühzeitig die herausragende Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnologie erkannt. Mit BayernOnline wollten wir die technischen Voraussetzungen für eine bayernweite Nutzung der neuesten Informations- und Kommunikationstechnologie schaffen. Wir haben erreicht, daß man sich in Bayern rascher als anderswo auf den Übergang zur Wissens- und Informationsgesellschaft einstellt und die neuen technischen Möglichkeiten sinnvoll nutzt.

Mit Bayern Online

  • wollen wir die bayerischen Industrie- und Kommunikationsunternehmen stärken und neue Unternehmen dieser Branche ansiedeln. So soll ein junger, dynamischer Markt für Informations- und Kommunikationstechnologien entstehen.
  • Wir wollen Wettbewerbsvorsprünge für alle bayerischen Unternehmen im globalen Wettbewerb ermöglichen.
  • Wir wollen als Flächenstaat die Standortnachteile in schwächer strukturierten Gebieten abbauen und für die Menschen, die dort leben, neue Chancen eröffnen, z.B. auch durch Telearbeit.
  • Wir wollen die neuen Techniken einsetzen, um mit einer bürgernahen und effizienten Verwaltung die Wünsche der Bürger noch besser zu erfüllen.
  • Und schließlich wollen wir erreichen, daß alle Bürger die Vorteile der Informationsgesellschaft nutzen können. Eine Zweiklassengesellschaft von Online-Usern und Online-Losern darf es nicht geben.

Die Informations- und Kommunikationswirtschaft zählt weltweit zu den wichtigsten Wachstumsbranchen. Auch der europäische IuK-Markt wuchs in den letzten Jahren überdurchschnittlich. Allein in Deutschland entstanden in den vergangenen beiden Jahren in der Informationswirtschaft rund 100.000 neue Arbeitsplätze und bis Ende dieses Jahres könnten weitere 100.000 Jobs hinzukommen.

Mit der bundesweit einmaligen Initiative BayernOnline, mit Bürgernetz und Bürgernetzvereinen sowie einer Vielzahl von Projekten haben wir erreicht, daß man sich in Bayern rascher als anderswo auf den Übergang zur Wissens- und Informationsgesellschaft einstellt und die neuen technischen Möglichkeiten sinnvoll nutzt. Dies kommt auch in hohem Maße dem Wirtschaftsstandort Bayern zugute: Mit einer staatlichen Förderung von rd. 150 Mio DM haben wir ein Investitionsvolumen von mehr als 500 Mio. DM angestoßen.

Bayern ist bei den Informations- und Kommunikationstechnologie in einer hervorragenden Ausgangsposition: Rund 1/3 aller deutschen Arbeitsplätze der Computerindustrie befinden sich hier, im Bereich der elektronischen Medien sind es sogar fast 40 %. Die Region München stellt nach dem Raum London mit 70.000 Beschäftigten (London: 80.000) die Nummer 2 der IuK-Standorte in Europa.

Diesen Standortvorteil wollen wir halten und noch weiter ausbauen. Deshalb hat die Staatsregierung auch eine High-Tech-Offensive gestartet. Einer der Schwerpunkte ist dabei die Kommunikationstechnologie.

Wir wollen damit weltweit an die Spitze! Den Focus soll die Wissenschaftsstadt Garching abgeben. In einem größeren Umkreis haben sich bereits führende Unternehmen der Informations- und Kommunikationsbranche angesiedelt.

Die Fakultäten für Informatik und Mathematik der Technischen Universität München werden wir nach Garching verlagern - in unmittelbare Nachbarschaft zu den Fakultäten für Physik, Chemie und Maschinenwesen. Damit soll ein Zentrum für mathematisch-naturwissenschaftliche Forschung und Software-Technologie entstehen. Die Einführung eines entsprechenden Studiengangs ist in Vorbereitung.

Garching kann ein höchst attraktiver Kristallisationskern für Firmenansiedlungen und Neugründungen werden. Die Technische Universität plant ein Technologie- und Gründerzentrum auf dem Uni-versitätscampus, die Stadt Garching ein sog. "Wachstums-Center" für High-Tech-Betriebe. Unser Förderprogramm "Technologieorientierte Unternehmensgründungen" werden wir für die Entwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologien öffnen, um diese Entwicklung gezielt zu unterstützen.

Neben Garching sollen auch Passau und Würzburg Kompetenzzentren für Informatik werden. In Passau wollen wir die überregionalen Forschungsverbünde und Forschungsprojekte der Fakultäten für Mathematik und Wirtschaftswissenschaften in einem "Zentrum für Anwendungen der Informatik"; zusammenfassen. Für Würzburg ist der Ausbau der technischen Informatik vorgesehen. Für die Wirtschaftsinformatik wollen wir einen nordbayerischen Verbund der Universitäten von Bamberg bis Regensburg einrichten.

Mit dieser Offensive wollen wir die Position Bayerns im globalen Wettbewerb halten und weiter ausbauen! Bayern ist fest entschlossen, sich dieser Herausforderung offensiv zu stellen und die Chancen des Wandels zu nutzen. Dazu müssen wir uns an den Leittechnologien der Zukunft orientieren, vor allem an der Informations- und Kommunikationstechnologie!

5. Schluß

Ich wünsche allen, die mit ihrer geistigen Kraft und ihrem wissenschaftliches Know-how für den Aufbau einer flächendeckenden Vernetzung Bayerns und Deutschlands arbeiten, auch weiterhin viel Erfolg!

Ihr hohes Engagement, ihre beispielhaften Leistungen und die günstigen Rahmenbedingungen, die der Freistaat schafft, sind auch die besten Voraussetzungen, mit Zuversicht in den Wettbewerb um den Bundeshöchstleistungsrechner einzutreten.

Sie können Ihre Arbeit auch leisten, in der Gewißheit, daß es sich lohnt, für die neuen Technologien und für den Wissenschaftsstandort Bayern zu arbeiten!